Hans
STÖHR

1900 - 1972 I
Rauhgasse 3
Stolperstein verlegt am 08.09.2013
Hans STÖHR Rauhgasse 3

Mehrmals verhaftet, zuletzt 1939 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“

Hans Stöhr wurde am 20. Januar 1900 in Fecken­hausen/Kreis Rottweil geboren. Er erlernte den Beruf eines Schneiders. 1918 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Als sich das deutsche Heer im Novem­ber 1918 wegen der allgemeinen Kriegsmüdigkeit auflöste, entfernte sich auch Stöhr eigenmächtig von der Truppe. Seine Sympathien für die Kommu­nisten waren unverkennbar. Er wurde Mitglied des Spartakusbundes und später auch der Inter­nationalen Arbeiterhilfe (IAH), einer der KPD nahe stehenden Organisation, die in den 20er und 30er Jahren versuchte, soziales Elend von Arbeitern in Deutschland und Russland zu lindern.

1927 wurde Hans Stöhr Mitglied der KPD.

1929 heiratete Hans Stöhr in Romanshorn Maria, geb. Reil, die aus Nürnberg stammte. Seine Ehe kann nicht als glücklich bezeichnet werden; zwischen 1937 und 1946 hat Maria Stöhr ihren Mann gerade 10 Monate gesehen. 1938/39 arbeitete sie als Grenzgängerin in einer Schuhfabrik in Kreuzlingen. Wegen einer Gemüts­krankheit seiner Frau ließ er sich von ihr 1947 scheiden und heiratete 1948 ein zweites Mal, diesmal Luise, geb. Schilling. Beide Ehen blieben kinderlos.

In den 1920er Jahren arbeitete Hans Stöhr mehrere Jahre als Schneider in der Schweiz, ehe er sich im April 1931 in Konstanz niederließ.

In Konstanz kam er mehrere Male mit dem Gesetz in Konflikt. 1932 wurde er wegen Beamtenbeleidigung zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt, wegen Bettelei im Jahre 1926 musste er 4 Tage ins Gefängnis, 1933 wurde er wegen Besitzes eines Gummiknüppels zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

Wegen Schmuggels von kommunistischen Broschüren und Zeitungen aus der Schweiz wurde Hans Stöhr am 7. Dezember 1937 verhaftet und am 15. Juli 1938 vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Er wurde zu 1 Jahr und 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Seine Strafe verbüßte er im Gefängnis Ulm. Dabei wurde ihm die Untersuchungshaft von 7 Monaten angerechnet. Am 15. Februar 1939 wurde er aus der Haft entlassen.

Am 20. September 1939 wurde Stöhr zum Infan­terie­regiment 290 in Grafenwöhr in der Oberpfalz eingezogen. Nach der Grundausbildung wurde er im Zuge des bevorstehenden Angriffs gegen Frankreich zum Schanzen am Westwall eingesetzt.

Wegen Kritik an einem Vorgesetzten, der einen Vortrag über die Sowjetunion gehalten hatte, wurde er am 6. Dezember 1939 vom Kriegs­gericht Germersheim zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. „Stöhr muss in ein Straflager überführt werden, da er Kommunist war, ist und bleibt„, so heißt es in der Urteilsbegründung. Seine Strafe verbüßte er in den Wehrmachtsgefängnissen Germersheim, Siegelbach (bei Kaiserslautern) und Bruchsal. Im Oktober 1942 wurde Stöhr auf Bewährung freigelassen und im Januar 1943 an die Ostfront versetzt. Im April 1944 geriet er in russische Gefangenschaft, aus der er am 30. August 1946 entlassen wurde.

Zurück in Konstanz, stellte Stöhr, wie alle politisch Verfolgten, beim Landesamt für Wiedergutmachung in Freiburg einen Antrag auf Haftentschädigung. Die Behörde attestierte ihm, dass er 4 Jahre, 2 Monate und 1 Tag aus politischen Gründen inhaftiert war.

Hans Stöhr starb mit 72 Jahren am 31. Januar 1972 in Konstanz.

Recherche: Uwe Brügmann
Patenschaft: Monika Ihle

Quellen & Literatur:

Wiedergutmachungsakten Hans Stöhr im Staatsarchiv Freiburg, Signatur F 196/1, 679 und D 180/2 Nr. 223562; E 120/1 Nr. 12228 (Krankenakte Maria Stöhr).
Im ITS Arolsen keine Unterlagen.
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