Moritz
BLOCH

1868 - 1946 I
Döbelestraße 4
Stolperstein verlegt am 04.10.2007
Moritz BLOCH Döbelestraße 4

Nach der Zerstörung der Konstanzer Synagoge am 10. November 1938 wurde er verhaftet und von der Gestapo schwer misshandelt

Moritz Bloch wurde am 6. November 1868 in Gailingen geboren. Im Jahr 1892 zog er nach Konstanz. Dort baute er sich eine berufliche Existenz als Anwalt auf, zuerst in der Bodanstraße 18 und ab 1910 im eigenen Haus in der Schottenstraße 1.


Er engagierte sich sehr in der jüdischen Gemeinde, die 1883 eine Synagoge in der Sigismundstraße erbaut hatte. Von 1918 bis 1939 leitete er die jüdische Gemeinde als Vorsteher. Mit seiner Frau Adele Bloch, geb. Veit, hatte er 2 Kinder, Erich und Leonore („Lorle“).


Adele Blochs Leben war von vielen Krankheiten überschattet. Sie war depressiv und nahm sich 1902 das Leben. Ihr Grab befindet sich auf dem Konstanzer Jüdischen Friedhof. Die Inschrift mit ihrem Namen auf dem Grabstein wurde Jahrzehnte später zur Erinnerung an ihren Mann Moritz Bloch ergänzt.

Nach dem Tod seiner Frau Adele heiratete er Ida Bloch, geb. Weil. Sie war die 10 Jahre jüngere Tochter von Adeles Schwester Rosa. Aus dieser Ehe gingen die beiden Kinder Theo und Adelheid hervor.

1933 sah Moritz Bloch sich unter dem Druck der Nazis gezwungen, sein Haus in der Schotten­straße 1 aufzugeben.

Am Morgen des 10. November 1938 wurde Moritz Bloch verhaftet und von der Gestapo schwer misshandelt. Über 60 männliche Mitglieder der Jüdischen Gemeinde wurden in das KZ Dachau verschleppt.


Am Morgen des 10. November 1938 wurde Moritz Bloch verhaftet und von der Gestapo schwer misshandelt. Über 60 männliche Mitglieder der Jüdischen Gemeinde wurden in das KZ Dachau verschleppt.


Sein Sohn Erich Bloch (geb. am 4. August 1897 in Konstanz) war Soldat im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg studierte er Jura, Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. 1939 musste er Deutschland verlassen und baute sich in Palästina bzw. Israel eine neue Existenz auf. 1969 kehrte nach Konstanz zurück. Er starb hier am 5. Februar 1994. Bekannt wurde er vor allem durch seine „Geschichte der Juden von Konstanz“ (1971).

BLOCH, Erich, Foto aus seinem Reisepass
Erich BLOCH, Foto Reisepass 1939

Der Historiker Jürgen Klöckler schreibt dazu:
Moritz Bloch wurde von seinen SS-Bewachern aus der Altstadt Richtung Gestapo-Dienststelle in der Mainaustraße gebracht. Auf der Höhe des mittel­alterlichen Pulverturms setzten sie Bloch in die städtische Motorbootfähre, um ihn auf die andere Seite des Seerheins Richtung Gestapo-Zentrale zu bringen. Seine skrupellosen Bewacher, darunter ein der SS beigetretener und mit Bloch nach einem verlorenen Prozess intim verfeindeter Gastwirt, stießen ihn bereits nach kurzer Fahrt in der Nähe des Pulverturms in den Seerhein. Im eiskalten Wasser wurde Bloch bewusstlos und war schnell nahe am Ertrinken. Passanten, die den Vorgang vom Ufer aus beobachten konnten, schrien und gestikulierten heftig, worauf die SS den 70-jährigen Bloch wieder ins Boot zog und in nassen Kleidern zum Gestapo-Gebäude brachte. Dort wurde er in den folgenden Stunden misshandelt und erblindete nach Schlägen mit einer Stahlrute in der Folgezeit auf einem Auge.

Moritz Bloch wurde nicht wie die anderen jüdischen Konstanzer ins KZ Dachau verschleppt, “… wahr­scheinlich weil der Weltkriegsteilnehmer infolge der erlittenen Misshandlungen als haftunfähig galt und die Gestapo Unruhe in der Bevölkerung und ein Rumoren in der nahen Schweiz befürchtete. Moritz Bloch wurde gegen acht Uhr abends aus der Haft entlassen und gezwungen, sich schon am nächsten Tag – mit einer Klappe auf dem geschädigten Auge – in der Öffentlichkeit zu zeigen, um Gerüchte über seinen gewaltsamen Tod zu widerlegen.“

Moritz Bloch war damals in Konstanz ein bekannter und angesehener Mann. Der Hausarzt Dr. Jung behandelte ihn trotz Drohungen der Gestapo.

Am 15. Februar 1939 konnte Moritz Bloch, zusammen mit seiner Frau Ida, Konstanz verlassen. Die letzte Wohnadresse in Konstanz war die Döbelestraße 4. Danach wohnte er noch einige Zeit bei seiner Schwester in Zürich und wanderte dann nach Brasilien aus, zu seiner Tochter Leonore und deren Mann Dr. Robert Veit.

Moritz Bloch starb in Sao Paulo am 5. Mai 1946, im 78. Lebensjahr.

Recherche: Roland Didra
Patenschaft: Eyal Bloch

Quellen & Literatur:

Ernst Bloch: Das verlorene Paradies. Ein Leben am Bodensee 1897 - 1939. Reihe: Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, Band 33. Stadtarchiv Konstanz (Hrsg.). Verlag Thorbecke: 1992.
Erich Bloch: Geschichte der Juden von Konstanz im 19. und 20. Jahrhundert. Eine Dokumentation. Stadler: Konstanz 19963.
Jürgen Klöckler, „Selbstbehauptung durch Gleichschaltung. Die Konstanzer Stadtverwaltung im Nationalsozialismus“. : Thorbecke, Ostfildern 2012, S. 325f.
Stadtarchiv Konstanz, Einwohnermeldekarten vor 1945.
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Familienmitglieder

Ida
BLOCH, geb. WEIL

1878 - 1950 I
Döbelestraße 4

Adelheid
BLOCH

1908 - 1940 I
Döbelestraße 4