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Stolpersteine Konstanz

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Hedwig Henriette PICARD, geb. Guggenheim, Jg. 1892

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geb. 1892, Konstanz

FLUCHT 1940

USA

 

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Wilhelmstr. 8
(jetzt: Conrad-Gröber-Str. 8)
heute (2014)

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Stolperstein für Henriette Hedwig PICARD
verlegt am 27.06.2014

Ehemann: Josef PICARD,  Bruder: Dr. Richard GUGGENHEIM,  Sohn: Peter Julius PICARD

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Hedwig Picard
ca. 1940

Quelle: ancestry.com

 

Hedwig Henriette Picard wurde am 11.03.1892 in Konstanz geboren. Ihr Vater war der bekannte Konstanzer Arzt Dr. Daniel Guggenheim (1861 - 1915). Ihr Bruder war der Kinderarzt Dr. Richard GUGGENHEIM (1894 - 1976), der 1937 in die USA floh. Während des Ersten Weltkrieges engagierte sie sich in der Pflege von verletzten Soldaten, wofür ihr 1917 das Kriegshilfekreuz vom badischen Großherzog verliehen wurde.

 

Mit ihrem Ehemann Josef Picard hatte sie einen Sohn, Peter Julius, geb. am 07.01.1919 in Konstanz.

 

Nach der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 betrieb Josef Picard die Auswanderung in die USA. Wegen des Versuchs, Wertsachen illegal in die Schweiz zu transferieren, wurde Hedwig Picard am 6. Juni 1939 vom Amtsgericht Konstanz zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt, wovon ihr drei Monate Untersuchungshaft angerechnet wurden. Nach dem Devisenbewirt­schaf­tungsgesetz vom 12.12.1938 war die Ausfuhr von Auswanderer-Umzugsgut verboten. Am 20. Juni 1939 wurde sie in das Gefängnis von Bruchsal eingeliefert.

 

Am 07.10.1939 musste die Familie Picard ihre Wohnung in der Wilhelmstraße 8 räumen und in ein Judenhaus in der Bodanstraße 22 (damals Saarlandstraße) umziehen. Sein vermietetes Anwesen (geräumige 5-Zimmer-Wohnung mit Mansarde und Hofstück) in der Zasiusstraße 9 musste Josef Picard weit unter Wert verkaufen.

Am 18. März 1940 verließ das Ehepaar Picard Konstanz in Richtung Genua, wo es sich mit der „SS Washington“ nach New York einschiffte. Am 1. April 1940 betraten Henriette Hedwig und ihr Mann Josef Picard amerikanischen Boden.

 

In New York fanden sie zunächst bei der Schwester von Hedwig Picard, Laura Rothschild, geb. Guggenheim, Unterschlupf. Danach ging es weiter nach San Francisco, wo sie sich zunächst bei einem Bruder von Josef Picard einquartierten. In San Francisco konnten sie auch ihren Sohn Peter wieder in die Arme schließen. In Los Angeles fand das Ehepaar schließlich eine neue Bleibe. Josef Picard nahm eine Stelle als Hausmeister an, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Am 7. Oktober 1940 wurde dem Ehepaar Picard die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, im Mai 1946 wurden beide amerikanische Staatsbürger.

 

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Hedwig Picard
Einbürgerungsantrag USA, 19.12.1940

Quelle: ancestry.com

 

Als 1965 der damalige Oberbürgermeister von Konstanz, Dr. Bruno Helmle, allen vor dem Krieg emigrierten Konstanzer Juden den „Konstanzer Almanach“ zuschickte - die Adressen hatte er von Erich Bloch bekommen - , bedankte sich Henriette  Hedwig Picard aus Los Angeles mit folgenden Worten: „Als wir vor 25 Jahren hier ankamen, hätten wir niemals gedacht, dass wir je wieder von dem Oberbürgermeister unserer geliebten Heimatstadt einen solch liebens­wür­digen Brief bekommen würden. Mein Mann war Architekt in Konstanz und hat viel zur Verschönerung der Stadt beigetragen… Mein Mann war schon 60 Jahre alt, als wir unsere Heimat verlassen mussten, welche er unendlich geliebt hat. Er hat die Schande nie überwunden… Er hat sich so sehr gegrämt, dass er herzkrank wurde und schon 1946 starb.“

Henriette Picard überlebte ihren Mann Josef um mehr als 30 Jahre und starb hochbetagt am 16. Oktober 1979 in Los Angeles in Kalifornien.

 

 

Recherche: Uwe Brügmann

Patenschaft: Nikolaus Dewald

Quellen:

Staatsarchiv Freiburg:  F 166/3 Nr. 3946,  F 166/3 Nr. 5018,  F 166/3 Nr. 5904, F 166/3 Nr. 6053, F 166/3 Nr. 6078, F 166/3 Nr. 7263, F 166/3 Nr. 7403, F 166/3 Nr. 7927, F 167/2 Nr. 270, F 167/2 Nr. 97, F 196/1 Nr. 5823, P 303/4 Nr. 426

Konstanzer Volksblatt. Konstanz 1920 - 1933

Der Namensgeber der Conrad-Gröber-Str. war der
Konstanzer Münsterpfarrer Conrad Gröber, Erzbischof,
Erzantisemit und Mitglied der Waffen-SS

und bis 2019 Ehrenbürger der Stadt Konstanz
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