EIN STEIN.
EIN NAME.
EIN MENSCH.
Steinverlegung
am
03.
05.
2017
Stolpersteine
für Konstanz
PROGRAMM
Stolpersteine
für Konstanz
Stolpersteine
für Konstanz
Stolpersteine
für Konstanz
Stolpersteine
für Konstanz
Stolpersteine
für Konstanz
09:00 Uhr | Schützenstraße 30
1
Berthold Wieler (Jude)
Berthold Wieler wurde am 07.06.1876 in Konstanz geboren.
Sein Vater Adolf hatte drei Jahre zuvor mit seinem Bruder Pius die
Firma „Gebrüder Wieler“ an der Oberen Laube gegründet. Berthold
besuchte die Realschule in Konstanz und stieg nach einer kauf-
männischen Lehre bei Nestlé ins väterliche Geschäft ein.
Später übernahm er die Firma zusammen mit seinem Vetter David
und führte sie schließlich alleine bis zu ihrer Auflösung in den
Dreißigerjahren.
Berthold Wieler nahm in seiner Heimatstadt Konstanz aktiv am
gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Lange Jahre war er
Stadtverordneter der Sozialdemokratischen Partei und im Bürger-
ausschuss. Darüber hinaus engagierte er sich stark in der Jüdischen
Gemeinde. Von 1920 bis 1940 war er Vorsitzender des Bruder-
schaftsvereins (Chewrah Kadischah), nach dem Novemberpogrom
1938 bis zur Deportation außerdem Vorstand der Jüdischen
Gemeinde. Als solcher kümmerte er sich nicht nur um die Konstanzer
Gemeinde, sondern auch um zahlreiche Flüchtlinge.
1939 musste das Ehepaar Wieler in ein „Judenhaus“ in der Döbele-
straße 4 umziehen. Am 22.10.1940 erfolgte die Deportation
nach Gurs, wo die Eheleute bis März im Lager lebten, dann wurden
sie nach Gan bei Pau verlegt. Im Juli 1942 wurden sie entlassen
und konnten in die Schweiz einreisen. Sie wohnten dort erst in
Lengnau/Kanton Aargau und später in Baden.
Berthold Wieler war nach seiner Rückkehr physisch und psychisch
krank. Er verbrachte mehrere Monate im Krankenhaus und in der
Psychiatrie und starb am 15.03.1948 in Baden/Schweiz.
1
Anna Wieler (Jüdin)
Anna Wieler wurde am 24.08.1882 in Konstanz als Tochter von
Salomon Guggenheim und seiner Frau Fanny geboren. 1904
heiratete sie Berthold Wieler. Ein Jahr später kam ihre Tochter Erika
zur Welt, 1906 der Sohn Ludwig. Die Familie wohnte ab 1913 in
der Schützenstraße 30.
Anna und ihr Mann mussten 1939 in ein „Judenhaus“ in der
Döbelestraße 4 ziehen. Am 22.10.1940 wurden sie nach Süd-
frankreich deportiert. Ihre Konstanzer Wohnungseinrichtung wurde
bereits im November versteigert.
Im Lager Gurs wurde Anna Wieler von ihrem Mann getrennt.
Sie rutschte im Schlamm aus und brach sich das Handgelenk. 1941
erhielten beide eine Aufenthaltserlaubnis für die Gemeinde Gan
bei Pau, und im Juli 1942 konnten sie in die Schweiz ausreisen.
Dort wohnten sie zunächst in Lengnau/Kanton Aargau und ab
1944 in Baden.
Nach dem Tod ihres Mannes emigrierte Anna Wieler in die USA,
wo sie bei ihrer Tochter Erika in Los Angeles lebte.
Anna Wieler starb am 15.06.1974 im Alter von 91 Jahren.
09:30 Uhr | Obere Laube 44
2
Erwin Jung (Jude)
Erwin Jung wurde am 15.04.1883 in Konstanz geboren, wo er
die Volksschule und das Suso-Gymnasium besuchte. Ausbildung
zum Textilkaufmann in Basel und Weinheim/Bergstraße.
1914 heiratete er Maria Stern aus Wangen im Allgäu. 1915 über-
nahm das Ehepaar das Textilgeschäft der Brauteltern in Wangen.
1938 Verkauf des Geschäfts und Übersiedlung nach Konstanz.
Das Paar bezog in der Oberen Laube 44 eine Wohnung. 1939 er-
folgte die Vertreibung aus ihrer Wohnung und Einquartierung in
ein sogenanntes „Judenhaus“. Eine geplante Auswanderung nach
La Paz scheiterte an der Krankheit seiner Frau Maria; sie stirbt 1941.
Am 21.08.1942 wurde Erwin Jung über Stuttgart nach Theresien-
stadt und von dort Anfang Januar 1943 ins KZ Auschwitz depor-
tiert. Am Tag der Ankunft wurde er in der Gaskammer ermordet.
Sein Todesdatum wurde amtlich auf den 23.01.1943 festgelegt.
10:00 Uhr | Tägermoosstraße 4
3
David Wieler (Jude)
David Wieler wurde am 24.02.1871 in Randegg geboren.
Die Familie zog 1873 nach Konstanz, wo der Vater Pius zusammen
mit seinem Bruder Adolf die Firma „Gebrüder Wieler“ gründete,
einen Großhandel für Garne, Woll- und Kurzwaren. David wuchs
mit sieben Geschwistern im Firmengebäude an der Oberen Laube
auf. Wie sein Vater wurde er Kaufmann. Eine Zeit lang führte David
zusammen mit seinem Vetter Berthold die Firma „Gebrüder Wieler“
fort, später betätigte er sich als Handschuhfabrikant.
1907 heiratete er Clara Frida Kurz aus Eberbach, die 1933 an einer
zu spät erkannten Blinddarmentzündung starb. Die Ehe blieb
kinderlos.
Nachdem David Wieler als Handschuhfabrikant bankrott gemacht
hatte, arbeitete er in der Firma seiner Brüder „Pius Wieler Söhne.
Mechanische Strumpfwarenfabrik“ in Kreuzlingen.
Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg erlitt er einen Schlaganfall.
Obwohl er danach nur noch mühsam gehen und sprechen konnte,
wurde der 69-Jährige am 22.10.1940 nach Gurs deportiert.
Ein zuvor gestelltes Einreisegesuch in die Schweiz wurde von der
Thurgauer Fremdenpolizei erst bewilligt, nachdem die Deporta-
tion bereits erfolgt war. Im April 1941 konnte er in die Schweiz
ausreisen.
David Wieler lebte bis zu seinem Tod bei der Familie seines Bruders
Michael in Kreuzlingen, wo er 1942 starb.
Stolpersteinverlegung
3. MAI 2017
10:25 Uhr | Kreuzlinger Straße 8
4
Paul Martin (Politisch)
Paul Martin wurde am 10.04.1904 in Konstanz geboren. Er verlor
früh seinen Vater und musste sich als Kind bei einem Bauern ver-
dingen, um die Familie zu unterstützen. Von Beruf war er Schmied.
1924 trat er in die KPD ein. 1933 war er zwei Monate in Schutz-
haft und 6 Monate im KZ Ankenbuck (bei Bruchsal) inhaftiert.
1934 wurde er erneut verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hoch-
verrat 6 Monate in Untersuchungshaft genommen. Im Juni 1934
wurde die Anklage fallen gelassen.
Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit infolge der Haft wurde
er vom Kriegsdienst freigestellt. Paul Martin war insges. 13 Monate
in Haft.
Nach 1945 engagierte er sich beim „Widerstandsblock“
in Konstanz,
der die Täter und Opfer der Naziherrschaft in Konstanz
dokumentierte.
Paul Martin starb am 04.09.1949 in Konstanz.