Jakob
BRAVMANN

1889 - 1964 I
Sigismundstraße 21
Stolperstein verlegt am 22.05.2009
Jakob BRAVMANN Sigismundstraße 21

Seit 1924 Kantor, später auch Rabbiner der jüdischen Gemeinde Konstanz

Jakob Bravmann wurde am 13. Januar 1889 in Unteraltertheim geboren. In dieser Gemeinde südwestlich von Würzburg gab es viele Juden und viele Bravmanns.

In Würzburg absolvierte Jakob eine Ausbildung zum Kantor. Nach dem Abschluss nahm er eine Lehrerstelle in der Gemeinde Neidenstein bei Heidelberg an. Dort lernte er Flora Jakob kennen, verliebte sich und beide heirateten 1911 in Heidelberg.

Am 10. April 1913 wurde ihr Sohn Siegbert geboren.

1920 bot die jüdische Gemeinde Konstanz Jakob die Stelle eines Kantors und Religionslehrers an. (siehe „Dokumente“). Im selben Jahr zog die kleine Familie an den Bodensee, wohnte seitdem einige Jahre in der Bodanstraße und bezog dann im Gemeindehaus in der Sigismundstraße 21 gleich neben der Synagoge eine Wohnung. Hier wurde am 13. September 1927 die Tochter Beate geboren.

Jakob Bravmann war bald ein allseits geachteter und hoch geschätzter Kantor und wurde zu einem bei Kindern und Jugendlichen der Gemeinde beliebten Lehrer. Mit Hingabe leitete er den Synagogenchor und bereitete alle Jungen aus Konstanz und Kreuzlingen auf ihre Bar-Mitzwah vor1). Er sang bei Beerdigungen und engagierte sich in vielen Bereichen der Jugendarbeit. Noch immer unvergessen sind seine Theateraufführungen. 1933 veranlasste die wachsende Brisanz der politischen Lage Kantor Bravmann, seinen Sohn Siegbert in die USA zu schicken, wohin ihm die restliche Familie später folgen sollte.

Als Rabbiner Dr. Chone 1935 nach Palästina auswanderte, blieb Kantor Bravmann in Konstanz, obwohl auch er mit seiner Familie und Teilen der Familie seiner Frau die Stadt und Deutschland lieber verlassen hätte. Er fühlte sich jedoch verpflichtet, die Gemeinde nicht ohne Leitung zurück­zulassen und arbeitete daher von nun an nicht nur als Kantor, sondern auch als Rabbiner.

Als ein Jahr später – am 1. November 1936 – die Synagoge in der Sigismundstraße verwüstet wurde, war Jakob Bravmann maßgeblich an der Planung für den Wiederaufbau des Gotteshauses beteiligt. Im Juli 1937 konnte es wieder geweiht werden.

Im August 1938 konnte Familie Bravmann gerade noch rechtzeitig zu Verwandten in die USA flüchten und musste die endgültige Zerstörung der Synagoge am 10. November 1938 nicht mehr miterleben.
 
In der Neuen Welt war es für Jakob Bravmann schwierig, eine Anstellung als Kantor zu finden. Sein Englisch war nicht gut genug, um zu einer liberalen Gemeinde zu gehen, und sein Jiddisch reichte für eine mehr traditionelle Gemeinde nicht aus. Nach langwieriger Suche – auch bedingt durch die allgemeine Wirtschaftskrise – fand er eine Anstellung als Buchhalter und behielt sie bis zu seiner Pensionierung.
 
Er starb am 24. April 1964 in Orange/New Jersey, ungefähr 8 Jahre nach seiner Frau und hinterließ 2 Kinder und 5 Enkelkinder.

Recherche: Zusammengestellt und autorisiert von Beatrice B. Muhlfelder, geb. Beate Bravmann. Übersetzt und bearbeitet von Mirjam Wiehn
Patenschaft: Mirjam Wiehn, E. Roy Wiehn

Quellen & Literatur:

1) Fritz Ottenheimer, Wie hat das geschehen können. Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn. Hartung-Gorre Verlag Konstanz 1. Auflage 1996.
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Familienmitglieder

Flora
BRAVMANN, geb. JAKOB

1889 - 1956 I
Sigismundstraße 21

Siegbert
BRAVMANN

1913 - 1989 I
Sigismundstraße 21

Beate
BRAVMANN, verh. MUHLFELDER

1927 - 2022 I
Sigismundstraße 21