Simon Levinger wurde am 23. August 1866 als vierter Sohn von Wolf Levinger und Fanny Levinger (geb. Neuburger) in Gailingen geboren.(1)
Er heiratete Pauline Weil aus Eichstetten, nachdem er sich etwa 1897 in Konstanz niedergelassen hatte. Damit folgte er seinen Brüdern Salomon (Sally), der um 1893 als Kaufmann für den Textilgroßhandel in der Hüetlinstraße 10 ein Geschäftslokal eröffnete, und Emanuel Levinger, der 1894/95 nach Konstanz kam und dort zunächst in der Bodanstraße 16, dann in der Bahnhofstraße 10 ein erfolgreiches Aussteuer- und Wäschegeschäft gründete.
Simon Levinger war kein Kaufmann, sondern hatte den Beruf des Metzgers erlernt und durfte auch Tiere schächten, wie dies die religiösen Gesetze traditioneller Juden erforderten. Zunächst eröffnete er (etwa 1897) im Haus Bodanplatz 3 eine Metzgerei, in der auch koscheres Fleisch gekauft werden konnte.
Zu diesem Zeitpunkt wohnte die Familie Levinger in der Wiesenstraße 10. Nur wenig später, um die Jahrhundertwende, erwarb Simon Levinger das Haus Bodanplatz 10, um dort im Erdgeschoss die Metzgerei zu betreiben und mit seiner Frau Pauline und den beiden 1899 und 1901 geborenen Töchtern in das neue Geschäftshaus zu ziehen.
Ein Brand am 6. Januar 1902, bei dem das Gebäude teilweise zerstört wurde, machte umfangreiche Renovierungs- und Umbaumaßnahmen nötig. Der Rechtsstreit um eine Brandentschädigungssumme zog sich über mehr als zwei Jahre hin, der Umbau erfolgte durch den Architekten und Bauleiter Jakob Walther. 1905 wurde die Metzgerei noch um eine moderne Kühlanlage erweitert. Die Familie selber bewohnte die oberen Stockwerke des geräumigen Hauses.
Von seiner Metzgerei aus belieferte Simon Levinger sein koscher geschlachtetes Fleisch zeitweise auch an Konstanzer Hotels. Neben Simon Levinger arbeitete bereits seit 1898 auch seine Frau Pauline, ab 1931 auch die Tochter Alice ganztägig im Familienbetrieb mit.
Bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das jüdische Schächten untersagt. Verstärkt durch den Boykott jüdischer Geschäfte führte dies zu einem dramatischen Umsatzrückgang. Dadurch wurde der Familie die Existenzgrundlage entzogen.
Erschwerend kam hinzu, dass Simon Levinger schwer erkrankt war und selber immer weniger im Betrieb mitarbeiten konnte. Im Frühsommer 1937 war Simon Levinger aus finanziellen Gründen schließlich gezwungen sein Haus und die Metzgerei zu verkaufen. Das Wohnhaus mit der Metzgerei ging am 4. Juni 1937 weit unter Wert in den Besitz eines Metzgermeisters über, der bereits eine Metzgerei in der Hüetlinstraße unterhielt.
Mit dem noch verbliebenen Inventar musste die Familie in bescheidenen Verhältnissen zunächst in die Franz-Seldte-Str. 21 (heutige Schützenstraße) umziehen, ab 1. April in die Robert-Wagner-Straße 52 (heute: Obere Laube).
Obwohl Simon Levinger bei einer Prüfung durch die Behörden zwecks Vollzugs des im April 1939 erlassenen Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden (das jüdische Mieter weitgehend entrechtete und den Behörden Verfügungsgewalt zur Zuweisung von Wohnraum gab)(2) ein ärztliches Attest vorweisen konnte, verfügten die Behörden der Stadt Konstanz am 11. September 1939 den Umzug in die Zogelmannstraße 16 innerhalb von 8 Tagen. Einem Eintrag in der Einwohnermeldekarte ist auch zu entnehmen, dass Simon Levinger, einst wohlhabender und angesehener Fleischlieferant und Hausbesitzer, wegen völliger Mittellosigkeit 1939 unentgeltlich wohnen musste.
Den Bemühungen der bereits 1937 mit ihrem Mann Alfred Stock aus Mannheim nach Uruguay emigrierten jüngsten Tochter Erna war es zu verdanken, dass auch Simon Levinger, seine Frau Pauline und Tochter Alice mit Enkel Kurt Ende November 1939 nach Montevideo (Uruguay) auswandern konnten.
Die Vorbereitungen dafür dauerten schon lange an, die unter anderem erforderlichen Staatsangehörigkeitsnachweise waren bereits im Januar und Februar 1939 ausgestellt worden, die Reisepässe im April 1939. Vermutlich mussten die letzten finanziellen Reserven nach Zahlung der Reichsfluchtsteuern und anderer Abgaben für die Reisekosten aufgebracht werden. Die Abmeldung aus Konstanz erfolgte am 20. November 1939.
Am 7. Dezember 1939 schiffte sich die Famílie Levinger in Rotterdam mit der „Alphacca“ Richtung Montevideo / Uruguay ein.
In Uruguay konnte der schwer kranke Simon Levinger keine Arbeit mehr aufnehmen.
Simon Levinger starb im Frühjahr 1941, nach kaum mehr als einem Jahr im Exil, im Alter von 74 Jahren in Montevideo (Uruguay).