Karl Egon
FUCHS

1932 - 1940 I
Hindenburgstraße 10
Stolperstein verlegt am 13.09.2015
Karl Egon FUCHS Hindenburgstraße 10

Ein kurzes Leben. Mit acht Jahren in Grafeneck vergast.

Karl Egon Fuchs kam am 26. Februar 1932 als Sohn von Anna Fuchs, geb. Sierock, und Karl Fuchs in Konstanz zur Welt. Er hatte noch fünf ältere Geschwister.

Sein Vater erkrankte während des Krieges und verstarb am 21. Juni 1943 im Krankenhaus in Konstanz, seine Mutter verstarb im hohen Alter am 25. November 1975. Sie litt sehr unter dem Schicksal ihres kleinen Sohns, den sie liebevoll „Karlemännle“ nannte.

Der kleine Karl lernte nie richtig sprechen. Diese Sprachstörung war wohl der Grund dafür, dass er am 08. April 1937 in das Kinderheim Herten bei Lörrach aufgenommen wurde, gut einen Monat nach seinem fünften Geburtstag.

Wie in allen Anstalten, Heimen und Einrichtungen für Kranke und Behinderte wurde Karl Ende 1939 namentlich erfasst. In Meldebögen, die das Reichsinnenministerium in Berlin verschickte, mussten die genannten Einrichtungen Patienten melden, die bestimmte Kriterien erfüllten. Dies wurde dem mittlerweile achtjährigen Jungen zum Verhängnis.

Am 12. August 1940 wurde er zusammen mit 74 weiteren männlichen Heimbewohnern mit den sogenannten Grauen Bussen abgeholt und nach Emmendingen gebracht.

Zwei Wochen später, wurde er am 29. August 1940 in die Mordanstalt Grafeneck auf der Schwäbischen Alb gebracht und noch am selben Tag vergast und eingeäschert.

Zwei Schreiben, die Geburtsurkunde und ein Foto, das den ca. einjährigen Jungen mit seiner Mutter zeigt, sind die einzigen Zeugnisse seines kurzen Lebens. Eine Postkarte vom 3. Januar 1940 von der St. Josephsanstalt in Herten, adressiert an Karl Fuchs, den Vater des Jungen, hat folgenden Wortlaut:
 
Geehrte Familie Fuchs!
Wir können heute mit Dank bestätigen, dass der angekündigte Besuch kam und die Weihnachtsgaben getreulich überbrachte. Wir danken herzlich dafür. Sie haben wirklich an alle gedacht und niemanden vergessen! Alle Beschenkten lassen Ihnen hiermit vielmals danken. Wir wünschen alles Gute zum Jahreswechsel und grüssen freundlichst. Dem lieben Karl Egon geht es immer noch ordentlich.
 
i.A. Sr. Reingarda

 
Ein zweites Schreiben, ein amtlicher Vordruck vom 5. September 1940, kommt vom Leiter der „Landes-Pflegeanstalt Grafeneck“. Mit Schreibmaschine wurden folgende Worte eingefügt: „Karl Egon Fuchs, glaubenslos, wohnhaft Grafeneck, ist am 5. September um 4 Uhr verstorben“ und weiter unter dem Punkt Todesursache: „Diphtherie, toxische Herzmuskel­schwäche“.
 
Sowohl Todesdatum wie auch Todesursache sind frei erfunden, selbst das Wort „glaubenslos“ war erlogen, da der Junge am 24. Dezember 1938 in Herten katholisch getauft wurde. Grafeneck war eine Mordanstalt und keine Landes-Pflegeanstalt und die Patienten wohnten dort nie, sondern wurden grausam umgebracht. Karl Egon Fuchs wurde bereits sechs Tage vor Datierung dieses Schreibens in der Gaskammer von Grafeneck ermordet.

Recherche: Roland Didra
Patenschaft: Mirjam Wiehn

Quellen & Literatur:

Bade, Sabine / Didra, Roland: Es konnte alle treffen - Gedenkbuch für die Konstanzer Opfer von NS-Zwangssterilisation und „Euthanasie“-Verbrechen 1934–1945, Konstanz 2024 (hier verfügbar);
Archiv St. Josefshaus Herten;
Privatarchiv Didra;
Privatarchiv Fuchs;
Stadtarchiv Konstanz: Einwohnermeldekarte
Weiterlesen