Wilhelm Blanke kam am 29. Januar 1904 in Emmishofen (heute ein Ortsteil von Kreuzlingen) als viertes Kind des Konstanzer Verlegers Johannes Blanke und seiner Frau Emma, geb. Lindenmaier zur Welt. Sein Elternhaus war deutsch-national gesinnt und begrüßte begeistert den Beginn des Ersten Weltkrieges.
Wilhelm Blanke besuchte die Zeppelin-Oberrealschule (heute Humboldt-Gymnasium) in Konstanz. 1922 machte er Abitur. Interessant ist, dass gleichzeitig mit ihm auch Hans J. Venedey Abitur machte. Ob sich die beiden näher kannten, ist nicht belegt. Später ging Blanke nach Frankreich und war Fremdsprachenkorrespondent für die Farbwerke Hoechst. Nachdem er zu sozialdemokratischen Überzeugungen gefunden hatte, war er 1937/38 – ohne dies der Familie mitzuteilen – in Barcelona und engagierte sich für die spanische Republik; wie sein Engagement aussah, ist nicht bekannt.
Zu Kriegsbeginn wurde Blanke als Soldat eingezogen und wegen seiner guten französischen Sprachkenntnisse nach Paris in das Hôtel Majéstic versetzt. Das Hotel Majestic war Sitz des Verwaltungsstabes des Militärbefehlshabers im besetzten Frankreich, General Carl-Heinrich von Stülpnagel. Hier arbeitete Blanke als Dolmetscher im Offiziersrang.
Es muss um 1942 gewesen sein, dass Wilhelm Blanke Kontakt zur Opposition im Untergrund aufnahm. Mitglieder der Résistance, die gefangen genommen wurden, stellten fest, dass Blanke bei den Verhören zu ihren Gunsten übersetzte.
Eine französische Adlige, Janine Bouissounouse-de Villefosse, erinnerte sich, dass die Informationen, die Blanke lieferte, für die Résistance von erstrangiger Bedeutung waren. Blanke lieferte Angehörigen der Résistance streng geheime Wehrmachtsberichte, die diese nach London übermittelten. Wichtige Informationen, wie die Warnung vor Verhaftungen gelangten in die Hände der Résistance. Um sich noch besser zu tarnen, gelang es Blanke, eine Bescheinigung zum Tragen von Zivilkleidung zu erhalten.
Wilhelm Blanke hatte Kenntnis von der kritischen Einstellung seines Vorgesetzten General Carl-Heinrich von Stülpnagel, schloss sich aber dem Widerstand der Wehrmachtsoffiziere gegen Hitler nicht an, sondern zog es vor, über direkte Kontakte mit der Résistance zusammenzuarbeiten.
Wilhelm Blanke wurde denunziert und am 10. Juni 1944 festgenommen. Er kam zunächst in das Wehrmachtsgefängnis Fresnes, später nach Belfort. Mehrmals wurde er in den folgenden Wochen zu Verhören in das Gestapo-Hauptquartier in der Rue des Saussaies gebracht. Einer seiner Kontaktleute, der Ingenieur Igor Krivochéine, berichtete: »Im Verlauf der Untersuchung sah ich Wilhelm zweimal: ein erstes Mal von weitem im Gang des Gestapobüros, und das zweite Mal, als wir beide aus dem Gefängnis von Fresnes in die Rue des Saussaies gebracht wurden; wir saßen beide auf dem Rücksitz eines Gestapowagens, und wir waren an den Händen an dasselbe Paar Handschellen gefesselt. Ich konnte mit ihm Blicke austauschen, aber kein Wort. Er hatte (im Gegensatz zu mir) keinerlei Spuren von Misshandlungen oder Gewaltanwendung, sondern war völlig ruhig und gefasst.«
Lew Kopelew, der Igor Krivochéine 1947 in einem stalinistischen Arbeitslager kennenlernte, schrieb über ihn: „1940 ging er zur Résistance und wurde 1944 von der Gestapo geschnappt. […] Er hatte alle Folterungen, mit denen die Pariser Gestapo ihn auszeichnete – darunter auch das Eisbad –, ausgehalten; sein ›Mittäter‹, der Deutsche Wilhelm Blanke, hatte ihn aufopferungsvoll und klug in die bescheidene Rolle des unbedeutenden Mittelsmannes geschoben. Der Deutsche wurde erschossen, Krivochéine zu 15 Jahren KZ verurteilt.«
In einem Brief aus dem Untersuchungsgefängnis schrieb Wilhelm Blanke am 10. Juli 1944 an seine Verwandten: „…Wenn man mein Andenken auch jetzt noch nicht in Ehren halten darf, so wird dies in Zukunft anders werden, das ist meine feste Überzeugung. Mein Opfer wird nicht umsonst gewesen sein…“
Einen Tag nach dem gescheiterten Attentat gegen Hitler wurde Wilhelm Blanke am 21. Juli 1944 vom Deutschen Militärgericht in Paris im Hotel Continental wegen seiner Verbindungen zu französischen Widerstandskreisen zum Tode verurteilt und nur wenige Wochen später, nach dem 10. August, nach Deutschland überführt.
„Ganz von Herzen grüße ich alle Lieben in Blaufelden, Senden, Litzelstetten, Konstanz, Kreuzlingen u. Zürich sowie anderswo. Sie werden mein Andenken mit Liebe in Ehre halten dürfen; das wird man ihnen persönlich zum Ausdruck bringen. Dir, meiner einzigen, liebsten u. herzensguten Marianne gilt meine stärkste u. herzlichste Umarmung. Mögen sich liebe Menschen finden, die Dir und mir zu Liebe Deine unendliche Treue u. Güte mir gegenüber vergelten. Dein Herzi. Euer Wilhelm. 10.VIII.1944.“
Wenige Tage vor seinem Tod schrieb Blanke an seine Braut Marianne Stamm. In seinem Abschiedsbrief heißt es: „Ich muß Abschied von Dir nehmen. In unendlicher Rührung und überströmender Liebe umarme ich Dich zum letzten Male, meine liebste Herzi. Mein letzter Gedanke gilt Dir. Ich hatte so schöne Pläne für uns beide gemacht, sie sollten dich dann überraschen. Liebe Menschen werden meine Stelle ersetzen. Dein Wilhelm“.
Am 7. Dezember 1944 wurde Wilhelm Blanke im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet.