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Stolpersteine Konstanz

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Alois ZOLLNER 1883 - 1964

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1883 geb. in Straubing

1935 Verhaftung

Gefängnis Mannheim

1939 Gefängnis Stuttgart

überlebt

 

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Max Stromeyer-Str. 106 heute
(2012)

 

Bild grösser: anklickenStolperstein für Alois Zollner
verlegt am 18.05.2012

 

 

Adresse zum Zeitpunkt der Verhaftung: Weiherhofstr. 34 (jetzt: Max-Stromeyer-Str. 106).

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Alois Zollner
1950er-Jahre
Quelle: privat

 

Alois Zollner wurde am 21.1.1883 in Straubing/Niederbayern geboren. Er war der uneheliche Sohn der Therese Zollner, seinen Vater hat er nie gekannt. Er erlernte das Buchbinderhandwerk. Die Lehrjahre absolvierte er in Tirol (Matrei, Innsbruck, Bozen).

Die Militärzeit leistete er bei einem Reiterregiment im bayrischen Dillingen ab. Danach war er im Hoch- und Tiefbau tätig, unter anderem beim Bau der Wendelsteinbergbahn in Bayern (Eröffnung 1912).

1913 kam Zollner nach Konstanz. Am 30. Juli 1914 heiratete er Anna Kohle (geb. am 29.4.1890 in Lauingen an der Donau). Die Ehe blieb kinderlos. Gleich zu Kriegsbeginn 1914 musste Zollner an die Front; 1916 wurde er verletzt und nahm seine Arbeit als Buchbinder wieder auf. 1918 wurde er erneut eingezogen, weil er sich mutmaßlich gewerkschaftlich betätigt hatte.

 

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Alois ZOLLNER mit seiner Frau Anna
"Goldene Hochzeit" 1964

Quelle: privat

 

1913 trat Zollner in die SPD ein, wechselte aber nach dem Krieg zur USPD. Die USPD war eine unabhängige sozialdemokratische Partei, die von 1917 bis 1922 als Massenpartei, danach bis 1931 als Splitterpartei links von der SPD existierte. Für die USPD wurde Zollner am 25.5.1919 in den Bürgerausschuss der Stadt Konstanz gewählt. Anfang der 20er Jahre trat Zollner der KPD bei. Wenige Jahre später, das genaue Datum ist nicht bekannt, trat Zollner aus der KPD wieder aus. Er blieb aber Mitglied im Proletarischen Frei­denkerbund, einer Unterorganisation der KPD. In diesen unruhigen Jahren war Zollner mit Unterbrechungen bei verschie­denen Konstanzer Unternehmen wie dem Stadler Verlag, den Textilunter­nehmen Stromeyer und Herosé und bis zu seiner Verhaftung 1935 im Aluminium-Walzwerk in Singen beschäftigt. Wie viele freigeistige Menschen seiner Zeit engagierte er sich im „Verein für die Feuerbestattung von Konstanz und Umgebung".

Alois Zollner war gut befreundet mit dem Maler Otto Marquard, der in Allensbach von seinem Haus am See aktiv am Broschürenschmuggel aus der Schweiz beteiligt war und auch manchen Flüchtling mit seinem Boot an das Schweizer Ufer in Sicherheit brachte. 1935 erhielt Marquard wegen seiner pazifistischen und regime­feindlichen Haltung Malverbot.

Zollner wurde am 17.5.1935 in Schutzhaft genommen. Vorausgegangen war ein Gespräch am 4.5.1935 in seiner Wohnung mit einer langjährigen Bekannten, vor der das Ehepaar Zollner meinte, offen über die politischen Verhältnisse reden zu können. Unter anderem sagte Zollner, der Führer sei „kein Genie, sondern ein gewalttätiger Mensch." Diese langjährige Bekannte begründete die Denunziation wie folgt: „So gebe ich eine über 10 Jahre bestehende Freundschaft für die Ehre des Führers hin." Am 23.9.1935 wurde Zollner vom Sondergericht Mannheim „wegen kommunistischer Betätigung" und „Aufstellung unwahrer Behauptungen" zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft wurde auf die Haftdauer angerechnet. Am 23.12.1935 war Zollner wieder in Freiheit.

Am 19.1.1937 erwarb Zollner ein kleines Häuschen im Bärlappweg 1. Hier wohnte er in unmittelbarer Nähe zu seinen Gesinnungsgenossen Ferdinand Obergfell und Anna Hermann.

Am 18.10.1939 wurde er auf Grund einer Denunziation von Nachbarn erneut festgenommen, als er in seiner Wohnung zusammen mit Ferdinand Obergfell und Anna Hermann den Schweizer Sender Beromünster hörte. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurde auch eine größere Anzahl marxistischer Bücher und illegaler Broschüren gefunden. Am 31.3.1940 wurde Zollner wegen Abhörens ausländischer Sender vor Gericht gestellt und zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt. In der Urteilsverkündung heißt es: „Es war … seine Gewohnheit, regelmäßig Nachrichten ausländischer Sender abzuhören und anschließend im Kreise von Bekannten darüber zu sprechen. So hat er im Mai 1935 im Anschluss an den Nachrichtendienst eines Schweizer Senders gegen die deutsche Aufrüstung gesprochen und erklärt, diese komme nicht dem deutschen Volke, sondern der Großindustrie zugute. Der Führer sei ein Missgünstling, er habe einen harten und unbeugsamen Schädel, durch den das ganze deutsche Volk zu Grunde gehen müsse, der Führer sei nicht intelligent, sondern nur gewalttätig."

Die Rechtsgrundlage für seine Verurteilung bildete die „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" vom 1. September 1939, die das Abhören ausländischer Sender mit Zuchthaus oder Gefängnis, in besonders schweren Fällen sogar mit dem Tod bestrafte.

Nach Verbüßung seiner Haftstrafe wurde Zollner am 21.4.1941 aus dem Gefängnis Stuttgart entlassen.

 

Alois Zollner war insgesamt 2 Jahre in Haft.

 

Bei den Gemeinderatswahlen am 15. November 1953 kandidierte Zollner auf der Liste 5 für die KPD, wurde aber nicht gewählt. Auch Marie Götschl, die Tochter von Ferdinand Obergfell, bemühte sich vergeblich um ein Mandat.

 

Alois Zollner ist am 7. August 1964 in Konstanz gestorben.

 

 

Recherche: Uwe Brügmann

Patenschaft: Alfred Hinz

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VVN-Ausflug, Mitte der 1950er Jahre
Auf dem Bild sind zu erkennen: 2. v. l.: Johann Dettinger, 3. v. l.: Hans Stöhr, 4. v l.: Alfons Beck,

5. v. l.: Rupert Renner, Alois Zollner - (Pfeil)
12. v. l.: Paulina Gutjahr - Paulina Gutjahr ist im März 1957 verstorben, also muss das Bild vor ihrem Tod aufgenommen sein.
Quelle: privat

Quellen:

Staatsarchiv Freiburg, Haftentschädigungsakte Zollners, F. 196/1, 352

Generallandesarchiv Karlsruhe, Akte Zollner, 507, Nr. 351-355

Hensle, Micharel, P., Rundfunkverbrechen. Das Hören von „Feindsendern" im Nationalsozialismus. Berlin: Metropol-Verlag, 2003

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